Vor Jahren lernte ich das Buch von Bernard Glassman “ Anweisungen für den Koch“ kennen. Für alle, die ihn nicht kennen: Bernie Glassman ist amerikanischer Zen-Meister in der Nachfolge von Taizan Maezumi und Gründer der überkonfessionellen Zen-Peacemaker-Gemeinschaft.
Die Peacemaker praktizieren bevorzugt an aussergewöhnlichen Orten. In Schlachthöfen, es gibt jährlich ein Retreat in Auschwitz, Strassenretreats in verschiedenen Städten und zu meiner Zeit in Hamburg traf man sich auf St. Pauli in einer Teestube, die ein christlicher Zufluchtsort für Drogensüchtige und Prostituierte war. Es waren nie viele. Warum solche Orte? – Die Idee ist Dienen, nützlich sein durch Reinigung und Befreiung der leidenden Wesen. Dankbar sein ist auf diesem Weg eine Kardinaltugend.
Es ist für uns alle eine interessante Ãœbung, die Frage zu stellen: Warum ist nicht alles noch viel schlimmer? ( Statt: warum ist nicht alles noch viel besser?) Mir ist klar, dass diese Frage auf die Perspektive ankommt. Sattheit ist ein angenehmes Gefühl und ein Problem. Wie sagte schon B. Brecht: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Wer das Buch von Jean Ziegler „Das Imperium der Schande“ gelesen hat, hat sowieso nur Fragen. Das Buch beginnt übrigends mit dem Recht auf Glück, festgeschrieben in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Beim Lesen kann man was lernen über strukturelle Gewalt, organisierte Barbarei, transkontinentale Privatgesellschaften ( Hegdefonds mit unglaublich mächtigen Kapitalstrukturen und den leistungsfähigsten Technologien), über die Notwendigkeit einer planetarischen Zivilgesellschaft, das alle globalen Mißstände menschengemacht sind…und wie es funktioniert…und das einzig und allein die demokratischen Kräfte der Zivilgesellschaft imstande sind, den Wahnsinn rechtzeitig zu beenden. „Voran zu den Wurzeln“, nannte das Ernst Bloch.
Für Immanuel Kant entspringt das Gefühl der Schande der Entehrung. Systematisch betrieben bringt man so die Dämme der Zivilisation zum Einsturz. Alle, die aus Habgier ihr Geld in Krisenregionen arbeiten lassen, in dem man in knapp werdende Ressourcen anlegt, haben „noch“ Freude daran. ( Ein Begriff wie leistungsfreie Kapitalrendite…darauf muß man erst mal kommen! )
Die psychologische Kriegsführung dieses Kapitalverständnisses, die einer Logik folgt, die bereit ist sich selbst abzuschaffen, weil sie das systemische nachhaltige Denken leider nicht richtig beherrscht, kann man an den hoffnungslos anmutenden Diskussionen um die Notwendigkeit von ZINS und ZINSESZINS erkennen. Ist der Ehrliche langfristig gesehen wirklich der Dumme?…
Sie fragen sich, was das mit Essen zu tun hat. Fragen Sie das wirklich?…Der wirklich gute Koch ist ein spiritueller Mensch, der sich für die genaue Herkunft und Verarbeitung seiner Produkte interessiert. Er ist überzeugt davon, dass Lebensmittel ein „Bewußtsein“ haben, er verneigt sich in Dankbarkeit vor der Schöpfung und dieser Segen liegt in seinen Händen und führt sein Messer. Das ist mit Sicherheit ein Grund dafür, warum ein Essen gut schmeckt.
Wie könnte Ihnen ein Essen schmecken, wenn Sie wüßten, dass Kinder dafür gequält wurden? Ein moralischer Imperativ lebt in uns allen. Schauen Sie doch mal nach.
Guten Appetit.