Sich selbst so wundersam fremd…
Mittwoch, 02. Mai 2007  Die Straße zur Solidarität aller Menschen beginnt vor der eigenen Tür. Lieben lernen wir zum Beispiel dadurch, indem wir den einen, die Familie oder spezielle Menschen lieben. Um diese Fähigkeit zu erlangen, gibt es keinen Abkürzungsweg. Und auf diesem Weg ist nichts, absolut nicht selbstverständlich. Jeder der irgendwann in seinem Leben einmal vor dem „Scherbenhaufen“ seiner Beziehung stand, weiß es dann genau….Ach, hätt ich mir doch mehr Zeit genommen…Â
Das schwierigste Thema aber ist und bleibt der Umgang mit dem „Fremden“, also mit dem, der nicht so ist wie wir. ( In der Bibel wird der Fremde entweder der „ansässige Fremde“, der nicht unsere Religion teilt, oder der zu unserer Religion Bekehrte, der nicht biologisch von den eigenen Vorfahren abstammt, genannt.)
Die entscheidende Stelle, die Sie alle kennen, heißt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. An weiteren 36 Stellen bekommt man beim Lesen den Rat „den Fremden zu lieben“. Alle, die sich erinnern wie das ist, wie es sich anfühlt, wenn man in der Fremde ist, behalten solche Erfahrungen für immer im Gedächtnis. Sie wissen von inner her, wie es sich anfühlt ein Fremder zu sein. Denn man handelt nicht mitfühlend allein aus Vernunft. In Stresssituationen zeigt sich oft immer wieder die wahre Natur, die – wenn ohne eigene Fremdheits-Erfahrungen – eher ablehnend als zuneigend reagiert.
Nur Menschen, die die Einsamkeit, ein Fremder zu sein, am eigenen Leib erfahren haben, empfinden es als normal, sich mit Fremden zu identifizieren. Viele von uns reisen durch die Welt – da gibt es unzählige Situationen, in denen man sich wundersam fremd vorkommt. Wie glücklich sind wir doch, wenn uns sich dann hilfreiche gastfreundliche Hände und Herzen entgegenstrecken.
Die Weisen des Testaments sagten: Einen Fremden aufzunehmen, sei sogar größer als die göttliche Gegenwart zu empfangen, weil der andere Mensch eine Spur des Göttlichen in sich trägt.Â