Braucht der Vatikan Nachhilfe in Konfliktmanagement?
Seit einem Tag ist Papst Benedikt in der Türkei zu Gast. Seine „Rede von Regensburg“ ist ihm vorausgeeilt. Der Regierungschef des Kirchenstaats und Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone erklärte in den letzten Tagen häufiger: „Der Heilige Vater bedauert sehr, dass einige Passagen seiner Rede die Gefühle von Moslems verletzt haben könnten.“ Es geht außerdem das Gerücht um in Rom, Herr Bertone hätte zu wenig Erfahrung in Diplomatie.
Bei allen Texten und Kommentaren, die zu diesem „Vorfall von Regensburg“ bereits geschrieben worden sind: niemand, auch nicht die härtesten Kritiker bezweifeln die Bildung und intellektuelle Schärfe des päpstlichen Verstandes. Auch in seinem Beraterumfeld wird der ein oder andere exzellente Geist sich aufhalten.
Sind die Äußerungen des Papstes zum Islam Kalkül im Bekenntnis zum uneingeschränkten Dialog zwischen zwei monotheistischen Religionen? Aber welcher Weg ist da sichtbar? Was soll das Ziel dabei ein, weltweit Emotionen der Entrüstung in der moslemischen Welt zu entfachen, die so leider nicht konkret bearbeitet werden können?
Konfliktmanagement braucht eine klare, wirksame Strategie. Aber der wirkliche Dialog mit dem Islam kann nur über die Herzen der Menschen geführt werden. Wer die Literatur etwas kennt weiß, dass dies seit Jahrhunderten versucht wird. Jede Generation hat immer die Aufgabe, sich diesen Kenntnisstand durch Bildung anzueignen. Soweit die Theorie. Die weltweite Praxis sieht anders aus. Ideologische Indoktrination und Analphabetentum, die Unfähigkeit mit dem eigenen Geist zu arbeiten oder starke Emotionen zu steuern, Unkenntnis der grundlegenden Texte, sind nicht nur in der islamischen Welt, sondern auch im Christentum Dialog verhindernde Aspekte.
Das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit oder das Bewußtsein, dass es in der Religion keinen Zwang gibt – wozu sich ja Islam und Christentum bekennen – kann auf dem Weg zum Dialog sehr hilfreich sein.
Das alles weiß man aber im Vatikan, ganz sicher. Papst Benedikt hat bei Amtsantritt die interne Organisation neu strukturiert. Vielleicht ist das mangelnde Konfliktmanagement ein Ausdruck von Konzentrationsverlust in der Phase der Kompetenzübergabe.
Das Problem bleibt trotzdem. Schauen wir mal, wie es weiter geht und vor allem, wie die Türkei trotz angespannter Lage ihre Gastfreundschaft lebt.
Dezember 3rd, 2006 09:10
Bei religiösen Themen, oder sollte ich besser sagen – bei religiöser Verblendung – scheint selbst die sonst so selbstverständliche Gastfreundschaft gefährdet. So musste der türkische Ministerpräsident vor dem Papstbesuch doch seine Landsleute eindringlich an die Gastfreundschaft erinnern.