Die Deutschen und die Fremden

Die TAZ titelte am 15.Dezember: „In Deutschland leben zu viele Ausländer“.

In den Mittelschichten der deutschen Gesellschaft – also in der Haus-Auto-Mallorca-Fraktion – nimmt die Fremdenfeindlichkeit zu. Das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung in Bielefeld berichtet in den Analyse-Ergebnissen der letzten Langzeitstudie über „Deutsche Zustände“.

Die Aufteilung der „Feindlichkeiten“ in Ost- und Westdeutschland ergibt 45,9% für den Westen und 60,2% für den Osten. Gesamtdeutschland: 48,5% Ausländerfeindlichkeit!

In der Analyse stehen Sätze wie: Es ist gefährlich, soziale Desintegration mit Nationalstolz kompensieren zu wollen. In ländlichen Regionen, besonders in Ostdeutschland, manifestiert sich ein bedrohlich menschenfeindliches Meinungsbild. Es wird gefragt, wieviel Hass es auf Fremde, Frauen, Schwule, Juden und Muslime wirklich gibt.

Für die Studie wurden – laut TAZ-Recherche – 1.740 Menschen ohne Migrationshintergrund telefonisch interviewt. Besonders interessant ist der Zusammenhang zwischen dem Hass auf Fremde und der sozialen Entwicklung einer Region. Die Ängste vor Arbeitslosigkeit, sozialem Abstieg und Ãœberfremdung sind in Mecklenburg-Vorpommern, in Dörfern und Kleinstädten, am größten: Fremdenfeindlichkeit 63,7%. Dort gibt es dramatische Abwanderungsraten und ein sinkendes Bildungsniveau.

Patriotismuskampagnen sind das falsche Mittel. Speziell die Kampagne „Du bist Deutschland“ schürten latent auch Ressentiments gegen schwache Minderheiten. Ob man das will oder nicht – so funktioniert das eben in unserem Land.

Auch der Patriotismusboom der Fussball WM hat keinen nennenswerten positiven Effekt zur besseren Integration von ausländischen Mitbürgern gebracht.

Das haben wir uns bereits vor der WM schon gedacht. Wichtiger ist die Erziehung zur Demokratie, zur Dialog- und Kritikfähigkeit mit Menschen, die anders sind.

Dabei über die Fragen der Gastfreundschaft nachzudenken, bringt uns viel weiter – und auf einander zu. Man muß es halt wollen – und können.

Ein Kommentar zu “Die Deutschen und die Fremden”

  1. Karl
    Dezember 15th, 2006 18:32
    1

    Seien Sie mal ein weniger kritischer. Oder glauben Sie wirklich, man könne „Fremdenfeindlichkeit“ einfach so wie die Temperatur oder die Geschwindigkeit messen? Warum nicht gleich 130 % Fremdenfeindlichkeit?

    Diese „Studie“ dient als „objektiver“ Befund zwecks Munitionierung multikultureller Rhetorik. Subtil wird der Hälfte der deutschen Bevölkerung untergejubelt, sie neige zunehmend zu rechtsextremem Gedankengut, was im Fahnen schwenken bei der WM Ausdruck und Förderung findet. Quasi als Kompensation von Abstiegsängsten, weil auch die Mittelschicht ihre Zukunftsperspektiven immer skeptischer sieht.

    Heitmeyer mißbraucht seinen Nimbus als „Sozialwissenschaftler“ indem er willkürlich definiert, was erlaubt sein soll (das was seiner Gesinnung entspricht) und was nicht. In gediegener Wortwahl verwendet er Zuschreibungen, die deklassierender kaum noch sein können, und eher ihn als Schüler rechtsradikaler Rhetorikschule offenbaren, als die von ihm Diffamierten überführt.

    Aus Skepis gegenüber Zuwanderungsraten, die unsere Sozialsysteme und Integrationsfähigkeit überfordern, konstruiert Heitmeyer „Menschenfeindlichkeit“. Das kommt einer bewußten und zielgerichteten Verteufelung Andersdenkender gleich. Heitmeyer ist viel zu sehr Profi, als daß er extreme Diffamierungen nicht bewußt verwenden würde, die Multiplikatoren in Medien und Politik einkalkulierend, die griffige Schlagworte benötigen.

    Heitmeyers Diffamierungen basieren auf der Ignoranz legitimer ökonomischer Gründe wie Steuerlasten und Konkurrenz um Arbeitsplätze als Anlaß einer Ablehnung der bisherigen Zuwanderungspraxis. Doch er deutet bewußt und willkürlich diese Motive um als rassistisch anrüchige Fremdenfeindlichkeit. Da Fremdenfeindlichkeit extrem negativ bewertet wird, kommt dies einer gezielten Verteufelung gleich.

    Subtil lässt Heitmeyer durch seine deklassierenden Zuordnungen keinerlei moralisch legitimen Spielraum mehr übrig für Erwägungen, die den seinigen widersprechen. Und dies, obwohl er den existenziellen Druck als Motiv für eine Ablehnung von Massenzuwanderung durchaus erkennt: „Auf Feindseligkeit stoßen die zugewanderten Fremden gerade in den abwärtsdriftenden Regionen.“ Er verlangt die reglose Hinnahme einer Verschlechterung der eigenen Lebenslage durch Massenzuwanderung ohne Limit und Mitgestaltungsrecht. Denn einen anderen Standpunkt als Massenzuwanderung gut zu heißen, gesteht Heitmeyer moralisch nicht zu. So baut Heitmeyer eine rhetorische Falle auf, aus der es kein Entrinnen gibt. Es sei denn, man übernimmt Heitmeyers Standpunkt.

    Heitmeyers „Studie“ sagt viel über ihn selbst und seine Intentionen aus. Diese basieren auf einem alleinigen, moralisch begründeten Gestaltungsanspruch bezüglich Zuwanderung einerseits, und zugleich auf diffamierenden, unwissenschaftlichen, rein auf demagogische Wirkung abzielenden Negativ-Zuschreibungen Andersdenkender. Heitmeyer verkörpert praktisch genau das, was er anderen vorwirft. Zudem projiziert er seine eigene Charakterstruktur und stupid-intolerante Gesinnung auf andere. Denn wenn es für Heitmeyer so ist, daß die bisherige Massenzuwanderung nur aufgrund von Fremdenfeindlichkeit erklärbar ist, muss das für andere noch lange nicht gelten.

    Medium wie Studienautor stellen es als moralisch fragwürdig dar, den Islam nicht als bewundernswerte Kultur zu sehen. (Wobei die Hälfte des immerhin tut trotz Ehrenmorden ect.) So als wäre es Ketzerei, dies anders zu sehen. Die Formulierung ist im Tonfall der Empörung, des Entsetzens. Die Suggestionskraft in der Formulierung zielt darauf, eine ungehörige Tabuverletzung zu diagnostizieren.

    In voller Absicht wird mit keinem Wort in der gesamten Studie auf die Gründe für die Ablehnung des Islam eingegangen. Ob eine Kultur „bewundernswert“ ist, die die weibliche Hälfte der Menschheit für minderwertig deklariert und entsprechend diskriminiert, die Zwangsehen und Ehrenmorde in ihrem Ethik- und Rechtskodex festschreibt, die absolut repressiv und intolerant agiert in ihrem Herrschaftsbereich, und ob aufgrund der Inhumanität des islamischen Gesellschaftssystems erst diese Ablehnung erfolgt – das thematisiert Heitmeyer nicht.

    Indem Heitmeyer es gezielt unterläßt, auf die Motive für eine Ablehnung des Islam einzugehen, schafft er sich erst die Basis für eine moralische Aburteilung. Erst ohne den Motiv-Zusammenhang erscheint Islam-Skepis als willkürlich und unmoralisch. Tatsächlich ist sie moralisch absolut legitim, da der Islam in seiner Ethik ein gegenüber dem Grundgesetz ablehnend und feindselig ausgerichtetes, konkurrierendes Gesellschaftssystem darstellt.

    Genau diese differenzierte Sicht will Heitmeyer durch moralischen Druck blockieren. Heitmeyer will gar nicht, dass über den Islam unter dem Aspekt von dessen systemimmanenter Menschenrechtsfeindlichkeit debattiert wird. Sondern der Islam soll als grundsätzlich akzeptabel (sogar bewundernswert) gesehen werden – trotz seiner offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen.

    Heitmeyer definiert Täter- und Opferrollen nach einem denkbar oberflächlichen, aber etablierten Klischee. Minderheiten sieht er generell in der Opferrolle. Selbst wenn diese, wie viele Moslems, weitaus patriotischer und fremdenfeindlicher sind, weitaus intoleranter und gewalttätiger, als die Deutschen. Für Heitmeyer kommt die Rolle der Bösen nur für Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft in Frage.

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